Berichte

Hermannslauf 2017: Das 40 Stunden-Projekt.

Der letzte Sonntag im April ist traditionell für den Hermannslauf reserviert. Die 31,1 hügeligen Kilometer in der alten Heimat durch den Teutoburger Wald vom Hermannsdenkmal bei Detmold zur Sparrenburg in Bielefeld lasse ich mir trotz gut 500 Kilometern Anreise nicht entgehen. 2007 war ich zum ersten Mal dabei, dieses Jahr zum dritten Mal in Folge und zum sechsten Mal insgesamt. Samstag morgen in aller Frühe hoch, Sonntag morgen laufen, Zielbier und dann wieder nach Stuttgart. Fünf Uhr am Samstag bis 21 Uhr am Sonntag. Ein schlankes 40-Stunden-Projekt. Keep it simple. Im Gepäck hatte ich deswegen auch nur Laufklamotten – und Claudi, die eine Woche vorher zwar in Wien eine sensationelle 3:17h gelaufen war, aber den Hermannslauf eben genauso mag wie ich.

Der Hermannslauf hat viele Besonderheiten. Am bemerkenswertesten finde ich nach wie vor die Logistik: Man trifft sich am Sonntag Morgen nämlich am Gymnasium am Waldhof unterhalb der Sparrenburg, und wird von dort mit Bussen zum Hermannsdenkmal transportiert. Und bei 7.000 Läufern sind das eine Menge Busse, denn bei einer Fahrtzeit von ca. 30 Minuten kann kein Bus doppelt fahren. Mit in den Bus nimmt man seinen mit Startnummer versehenen Hermannslauf-Startbeutel. Den gibt man am Start ab und 7.000 Beutel werden mit Lastwagen zurück zur Sparrenburg gebracht, wo sie ordentlich sortiert auf die Läufer warten. Jedes Jahr wieder großes Kino!

Apropos großes Kino: Nichts anderes kann man zum Wetter sagen. Normalerweise ist es oben am Hermann immer recht zugig und auch ein erfrischender Schneeschauer war in den letzten Jahren mal dabei. Dieses Jahr war es sonnig und so warm, dass ich nicht mal meinen „Opferpulli“ aus dem Beutel holen musste, um mich bis zum Start warm zu halten. Beste Bedingungen also für ein gepflegtes 30 Kilometer-Läufchen im oberen Tempobereich. Veredelt wurde das traumhafte Wetter sogar noch durch das Treffen mit Fat Boys Run René, Nerdrunner Marius und Daniel vom LaufenLiebeErdnussbutter-Podcast. Kommentar meiner Frau zum Gruppenbild: „Wie schaffst Du es eigentlich immer, so fett auszusehen?“ Ich werde in Zukunft nur noch in schwarzen Shirts laufen. Oder ein Bauchdouble engagieren.

Wie in den letzten beiden Jahren hatte ich mich auch 2017 nicht gezielt auf den Hermann vorbereitet. Ich habe zwar mittlerweile die 1.000 Jahreskilometer geknackt, aber kaum kein Tempotraining in den Beinen. Zudem war mein letzter Lauf am Freitag, der eigentlich nur dazu dienen sollte, die Beine zu lockern, leicht bis mittelschwer eskaliert. Aber nach einer Woche (Schnee)regen, war es einfach zu schön, durch den Sonnenuntergang zu laufen.

Aber auch in den letzten Jahren waren trotz unspezifischem Trainings gute Zeiten rausgesprungen: 2:35 und 2:33. Warum nicht auch dieses Jahr wieder? Also war mein Ziel die 2:30er Marke. Ich wusste zwar nicht, welche Pace ich dafür benötige, aber mit der Pace ist das bei der profilierten Hermanslaufstrecke und den wechselnden Untergründen eh so eine Sache. Klar ist, dass man auf den ersten drei Kilometern, die bergab gehen, schon mal ordentlich Gas geben muss. Das klappte auch hervorragend: 4:41, 3:55, 4:17. Der zweite Kilometer dürften wohl meine ersten je protokollierten 1.000 Meter unter vier Minuten sein. Bisher war ich der Meinung, dass mein Körper dazu physikalisch gar nicht fähig ist.

Leider merkte ich aber schon am ersten „Berg“ nach sechs Kilometern, dass meine Beine nicht so stabil waren wie sonst. Denn normalerweise mache ich am Berg Zeit und Plätze gut. Am Sonntag war eher das Gegenteil der Fall. Oftmals ist so etwas ja mehr eine mentale Sperre als eine physische Limitation, aber am Sonntag war ich tatsächlich nicht in der Lage, die Pace zu laufen, die ich angeschlagen hatte. Nach zehn Kilometern zeigte die Uhr 46 Minuten, was ungefähr meiner Zehnkilometer-Bestzeit entspricht. Und das bei einem 31 Kilometer-Lauf mit gut 500 Höhenmetern. Ich hatte schon bessere Ideen.

Das merkte ich spätestens am kurzen, aber knackigen Anstieg zum Tönsberg, den ich letztes Jahr hochgelaufen war, dieses Jahr aber komplett wandern musste. Immerhin in guter Gesellschaft: Daniel gesellte sich zu mir, um anschließend noch zu einer irrsinnigen 2:24er Zeit zu stürmen. Wow! Mindestens genauso wow-ig war auch die 2:33 von Claudi, die damit Gesamt-18. und zweite ihrer AK wurde. Das haben wir allerdings erst gelesen, als wir an der Raste Uttrichshausen ein Magnum aßen. Den Rest der Fahrt habe wir uns eingeredet, dass es bestimmt sowieso keinen geilen Preis gab und uns überlegt, wo sie gelandet wäre, wenn sie für den Hermann trainiert hätte. Aber wahrscheinlich lag es nur daran, dass sie sich am Vorabend gegen die Röstleber und für ein Rote-Beete-Schnitzel(!) entschieden hatte. Das ist sie übrigens. Nicht Claudi, sondern die Röstleber. Ich bereue nichts! Börps.

Das Weizen im Hintergrund war natürlich alkoholfrei. Glaube ich.

 

Ich hatte auf der zweiten Hälfte ziemlich zu kämpfen. Es lief einfach nicht. Bergauf wollten die Beine nicht, bergab machte der Magen nicht so richtig mit. Keine Ahnung, woran es lag, aber ich möchte der Röstleber kein Unrecht tun. Zwischendurch hatte ich das Gefühl, ich würde von allen überholt und jenseits der drei Stunden ins Ziel kommen, aber so verheerend war mein Verfall dann eigentlich gar nicht. Obwohl ich fast jeden Anstieg gehen musste, stand am Ende eine 2:41 auf der Uhr. Keine Zeit, die man sich auf die Wade tättowieren lässt, aber auch nichts, wofür man sich schämen muss.

Zum Hermannslauf fällt mir wieder mal nur geil ein: In Oerlinghausen und an der Sparrenburg herrschte wie jedes Jahr Tour-de-France-Atmosphäre und das Läuferfeld war bunt gemischt wie eh und je. Und wie jedes Mal schreibe ich auch 2017: Den muss man mal gelaufen sein.

Am besten 2018 und unter 2:30h.

3 comments on “Hermannslauf 2017: Das 40 Stunden-Projekt.

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