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Läufst du noch oder kreuzbergst du schon?

Vor ca. 35 Jahren war mein Vater in einer Surfer-Clique. Klingt jetzt nach “Gefährliche Brandung”, war aber eher Steinhuder Meer und Dümmer. Fast jedes Wochenende an der frischen Luft, Bier trinken, Spaß haben, Sport treiben. Coole Geschichte. Sogar für mich als Knirps ohne Bier. Ich hatte so etwas leider nie. Bis zum vergangenen Wochenende.

Denn gefühlt war das Läufer-Epizentrum des Wochenendes nicht in Frankfurt, sondern irgendwo in der Nähe des fränkischen Kronach. In einer Scheune. Auf matschigen Trails. Auf Wiesen, auf denen das Wasser knöcheltief stand.

Keine Ahnung, ob das wirklich so ist, aber ich kenne ca. 20 Menschen, die das sofort unterschreiben würden. Und wie der Sonntag und vor allem auch der Samstag Abend gezeigt haben, sind das Menschen, auf deren Meinung man durchaus Wert legen sollte. Denn spätestens, wenn am Samstag Abend wirklich niemand das dritte Bier von Frankenstoff ablehnt, weil er oder sie wenige Stunden später 50 Kilometer laufen will, weiß man, dass man mit den richtigen Leuten zusammenhockt.

Bild: www.trailrunnersdog.de

Irgendwie ist es ja schon komisch: Da schreibt man sich bevorzugt auf Twitter und anderen Kanälen hin und her und auf einmal sitzt man im selben Wohnzimmer. So richtig. Mit echten Menschen! Immerhin hatte ich die meisten Gesichter schon mal live gesehen: Beim UTLW, beim ZUT, in Rodgau. Jetzt also beim Kreuzberg 50, dieser unfassbar tollen Veranstaltung, die Franzi und Flo dank der Unterstützung und Leidensbereitschaft von Franzis Eltern auf die Beine gestellt hatten. Dieser kleine Lauf, bei dem wir Läufer nicht Teilnehmer waren, sondern bei dem wir der Lauf waren! Es passte alles: Wir hatten Regen, wir hatten Sturm. Wir hatten Matsch, wir hatten mehr Matsch. Wir hatten viel Bier, wir hatten wenig Schlaf. Aber vor allem hatten wir eine verdammt gute Zeit. Und dass die Kreuzberger Nächte nicht die längsten sind, ist ohnehin nichts neues.

Im Vorfeld war viel geredet und geschrieben worden und dann war alles genauso toll wie wir uns das alle vorgestellt hatten. Nein, eigentlich noch besser. Dass der Orkan, der in den frühen Morgenstunden noch getobt hatte, sich pünktlich zum Start verabschiedete, passte da perfekt ins Bild.

Ganz dem Gedanken des Kreuzberg 50 folgend, gingen wir alle gemeinsam auf die erste Runde. Naja, ohne Flo hätten wir uns vermutlich auch kollektiv verlaufen. Seine 10 Kilometer-Runde hatte es nämlich in sich: Erst steil-matschig, dann etwas zäh ansteigend, dann nasse Wiesen, dann ein schöner Downhill, dann ein knackiger Anstieg im Wald, dann an Feldrändern zurück zum Hof, wo die Verpflegung in der Scheune wartete. Achja: Für mir war nach vier Runden Schluss. Mit einer Erkältung in den Knochen und nur noch drei Wochen bis Lanzarote wollte ich nichts riskieren. Jedenfalls keine 50 Kilometer.

Auch, wenn es esoterisch klingt: Der Kreuzberg50 war mehr als eine Laufveranstaltung. Klar, das Laufen verbindet uns alle. Aber hätte man uns verboten, über die Lauferei zu reden: Wir hätten trotzdem eine gute Zeit gehabt.

Und dann fragt man sich schon, ob man weiterhin viel Geld und Zeit für große Laufveranstaltungen ausgeben soll, bei denen man sich dann meist über viele dumme Menschen aufregt. Oder ob man sich nicht lieber ein paar coole Strecken und nette Menschen sucht und einfach eine gute Zeit verbringt. Ich hoffe, es gibt bald auch mal einen Mosel 50, einen Weinberg 50 oder Stuttgart 21. Oh, Moment!

An dieser Stelle nochmals vielen Dank an alle, die den Kreuzberg 50 zu dem gemacht haben, was wir am Wochenende erlebt haben. Es war grandios!

Wie es die anderen erlebt haben, könnt Ihr hier bei SchluppenChris (der mit dem #SCHLEM bereits ähnliches plant) und hier bei Daniel nachlesen (gute Besserung!) und natürlich im Schnaufcast nachhören, in dem fast jeder Läufer zu Wort kam.

4 comments on “Läufst du noch oder kreuzbergst du schon?

  1. Pingback: Kreuzberg50 2017 - Freu(n)d und Leid | Endurange

  2. Pingback: Kreuzberg50 – fränkische Schlammschlacht und Bier – Laufen. Tanzen. Kekse backen.

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