Seit einer gefühlten Ewigkeit laufe ich. Meinen ersten Wettkampf habe ich 2005 bestritten: Den 7 Kilometer-Wettbewerb im Rahmen des Stuttgartlaufs. Ich weiß sogar noch meine Zeit von damals auswendig: 36:55. In der Retrospektive gar nicht so schlecht. Seitdem folgten unzählige Halbmarathons, mehr als zehn Marathons und eine Handvoll Ultras. An Routine mangelt es also nicht. Und trotzdem bin ich momentan so aufgeregt wie vor meinem erstem Marathon 2007 in Freiburg. So nervös, dass ich kurz davor bin, mir kleine Zettel mit Profil und Cut-off-Zeiten zu laminieren. Aber warum bin ich so nervös? Zeit für letzte Worte bevor es ans Packen geht:
- Weil ich am Samstag so weit laufen möchte wie noch nie in meinem Leben.
- Weil ich am Samstag so lange laufen möchte wie noch nie in meinem Leben.
- Weil ich am Samstag zum ersten mal in einem Land laufe, dessen Sprache ich nicht spreche.
- Weil ich zum ersten Mal mit dem Flugzeug anreise.
- Weil ich nicht wirklich weiß, was mich am Samstag erwartet.
- Weil die letzten zwei Wochen nicht gerade nach Plan liefen.
Freitag Morgen geht der Flug nach Lanzarote. Gegen Mittag werden wir dort landen, um dann am Nachmittag unsere Startnummern in Haria abzuholen. Anschließend geht es für eine wahrscheinlich ziemlich kurze Nacht ins Ferienhaus. Denn der Start am Samstag ist um 7 Uhr morgens im Nationalpark Timanfaya. Dort sind keine Autos erlaubt. Das bedeutet, wir müssen den Shuttlebus nehmen, der uns um 6:00 Uhr am Parkeingang aufpickt und zum Start bringt. Dort warten schwarzer Sand und Kamele:
Zum Haria Extreme findet man erstaunlich wenig Infos im Netz. Einen einzigen englischen Blog mit nützlichen Informationen habe ich gefunden und dazu den Strava-Track eines (verdammt schnellen) Läufers aus dem letzten Jahr.
Orientieren muss ich mich daher überwiegend an den vielen wunderbaren Fotos, die man im Netz findet. Am Start scheint es noch ziemlich frisch zu sein. Aber dann dürfte es schön warm werden. Die Wetter-App meines Vertrauens prognostiziert 24°C und sieben Stunde kanarische Sonne. Trotzdem wird es auch auf Lanzarote Mitte November einigermaßen zeitig dunkel. Mehr als elf Stunden Tageslicht werden wir nicht haben. Und ich hoffe, dass wir anschließend nicht mehr an der Steilküste rumlaufen müssen.
Und dann ist da noch das vermeintliche Filetstück der Strecke, das nach ca. 50 Kilometern wartet: Der Anstieg zum Lomo Cumplido. 600 Meter vom Strand hoch auf den Rand der Steilküste – am Stahlseil. Ich weiß immer noch nicht, ob ich mich darauf freuen soll oder mich sorgen soll. Der englische Läufer, den ich ausgequetscht habe, sagt, es wäre nicht so dramatisch wie es aussieht. Na dann.
Schlussendlich wäre da auch noch das Thema Cut-off. Nach 20 Stunden ist Feierabend. Wenn ich bedenke, dass ich an der Zugspitze ziemlich sicher 24h für 100 km gebraucht hätte, klingt das erstmal nicht so toll. Andererseits sind es „nur“ 94 km und „nur“ 3.000 Höhenmeter. Im Schwarzwald bin ich vor einigen Wochen die gleiche Distanz und 1.000 Höhenmeter mehr in 13 Stunden gelaufen. Allerdings in zwei Tagen. Dennoch: Das Teil ist machbar. Ich bin aktuell zwar noch immer etwas verschnupft, die Hüfte links und der Knöchel rechts mucken und in den letzten zwei Wochen wenig gelaufen, aber das gehört dazu, oder?
Ich sehe das ganze als fünftägiges Abenteuer – mit einem (vermutlich) 18-stündigen Inselausflug als Highlight. Und hoffentlich gibt es anschließend auch einen deutschsprachigen Bericht zum Haria Extreme – mit Finisherfoto!
Titelbild: Copyright www.flickr.com/photos/castgen/15504994322/
9 comments on “Reif für die Insel. Hoffentlich …”